Der Kläger erlitt im Streitjahr Verluste aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils. Das Finanzamt versah den Einkommensteuerbescheid mit einem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Höhe dieses Verlustes aus der Anteilsveräußerung, da diese noch nicht abschließend beurteilt werden könne.
Der Bescheid erging zudem wegen anhängiger Revisionsverfahren und Verfassungsbeschwerden nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig. Ein aus anderen Gründen ergangener Änderungsbescheid enthielt zwar erneut den letztgenannten Vorläufigkeitsvermerk, nicht jedoch denjenigen, der sich auf die Veräußerungsverluste bezog. Nachdem sich die tatsächliche Höhe des Verlustes geklärt hatte, beantragte der Kläger eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids zu seinen Gunsten. Diese lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass der Vorläufigkeitsvermerk nicht mehr bestehe, weil er im Änderungsbescheid nicht ausdrücklich wiederholt worden sei.
Das Gericht gab dem Kläger Recht. Durch die fehlende Wiederholung des auf den Veräußerungsverlust bezogenen Vorläufigkeitsvermerks im Änderungsbescheid sei dieser nicht aufgehoben worden. Das Finanzamt habe bereits im ursprünglichen Bescheid zwischen dieser und der maschinell gesetzten Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO unterschieden. Der Kläger habe die Nebenbestimmung im Änderungsbescheid nicht dahingehend verstehen können, dass eine Neuregelung der Vorläufigkeit vorgenommen werden sollte. Hierzu sei das Finanzamt auch rechtlich nicht in der Lage gewesen, da die Ungewissheit über die Höhe des Verlustes zu diesem Zeitpunkt noch bestanden habe.
Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 16.07.2012 zum Urteil 4 K 511/11 E vom 25.05.2012