Nachzahlungszinsen: Kein Erlass bei fehlerhafter Einkünftequalifikation durch die Finanzverwaltung

Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Das Finanzamt qualifizierte seine Einkünfte jedoch als solche aus Gewerbebetrieb und berücksichtigte bei der Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen einen Ermäßigungsbetrag. Der Kläger, der sich nicht für ermäßigungsberechtigt hielt, befürchtete eine Nachforderung. Deshalb hinterlegte er 300.000 Euro auf einem eigenen Bankkonto. Nachdem er seine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte, zahlte er im Juli 2013 freiwillig 366.400 Euro an das Finanzamt. Dieses beurteilte seine Einkünfte im September 2013 als solche aus selbständiger Arbeit und versagte die seinerzeit gewährte Ermäßigung. Gleichzeitig setzte es Nachzahlungszinsen für den Zeitraum April bis September 2013 fest. Dem Antrag des Klägers auf Erlass entsprach es nur für die Monate August und September.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Das Finanzamt habe sich bei der Festsetzung der Zinsen an die gesetzlichen Vorgaben gehalten. Die Höhe der Verzinsung sei verfassungsgemäß. Im Vergleich zum Marktzins habe sich der gesetzliche Zins in den Monaten April bis Juli 2013 noch in einem der wirtschaftlichen Realität angemessenen Rahmen bewegt. Auch könne der Umstand, dass der Zinslauf von der Arbeitsweise des Finanzamtes abhänge, nicht zur Verfassungswidrigkeit der typisierenden Zinsregelung führen. Deshalb habe das Gericht von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgesehen.

Die Versagung eines weitergehenden Erlasses sei frei von Ermessensfehlern. Bei einer freiwilligen Zahlung nach Beginn des Zinslaufs dürfe der Erlass der Nachzahlungszinsen auf volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung begrenzt werden. Durch die freiwillige Leistung entstehe eine Situation, wie sie bei Erstattungszinsen existiere; der Erlass von Nachzahlungszinsen in Höhe vergleichbar berechneter Erstattungszinsen sei nicht zu beanstanden. Eine andere Einschätzung ergebe sich auch nicht aufgrund der Hinterlegung des Geldbetrags auf einem Bankkonto des Klägers. Denn dadurch habe der Kläger die Verfügungsmacht behalten und das Geld – bis zur freiwilligen Zahlung im Juli 2013 – dem Finanzamt vorenthalten.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 09.06.2016 zum Urteil 16 K 2976/14 vom 10.03.2016