Nachträgliche Erteilung einer Spendenbescheinigung ermöglicht keine Änderung des Bescheids

Der 13. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 18. Juli 2013 (Az. 13 K 4515/10 F) entschieden, dass ein bestandskräftiger Bescheid für 2004 nicht aufgrund einer Spendenbescheinigung geändert werden kann, die nach Erlass des Bescheids ausgestellt wird.

Die Klägerin gab in der Einkommensteuererklärung für 2004 Spenden an. Da die Höchstbeträge für den Spendenabzug überschritten waren, erließ das Finanzamt einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Großspendenvortrags, der bestandskräftig wurde. Nach mehr als zwei Jahren reichte die Klägerin im Jahr 2008 erteilte Spendenbescheinigungen für 2004 ein. Das Finanzamt lehnte eine Änderung des Feststellungsbescheids ab, da keine Änderungsvorschrift eingreife. Insbesondere stelle eine nachträglich erteilte Bescheinigung wegen § 175 Abs. 2 Satz 2 AO kein rückwirkendes Ereignis dar. Demgegenüber vertrat die Klägerin die Ansicht, dass diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gegen den europarechtlichen Effektivitätsgrundsatz verstoße.

Der Senat wies die Klage ab, weil nach seiner Ansicht keine Änderungsvorschrift einschlägig sei. Die Spendenbescheinigungen stellten keine nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dar, da sie bei Erlass des Feststellungsbescheids noch nicht vorhanden gewesen seien.

Sie seien vielmehr grundsätzlich als rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzusehen, da sie als materielle Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs für Spenden rückwirkend in den steuerlichen Sachverhalt eingriffen. Eine Änderung sei jedoch nach § 175 Abs. 2 Satz 2 AO bei nachträglicher Erteilung einer Bescheinigung ausdrücklich ausgeschlossen.

Das europarechtliche Effektivitätsgebot stehe einer Anwendung dieser Regelung im Streitfall nicht entgegen. Der Senat versteht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Juni 2011 („Meilicke II“) dahingehend, dass ein solcher Verstoß nur angenommen werden könne, wenn eine nationale Regelung rückwirkend und ohne Einräumung einer Übergangsregelung die Durchsetzung europarechtlich geschützter Werte verwehre. Die Klägerin sei jedoch nicht rechtsschutzlos gestellt, da die bereits 2004 eingeführte Neuregelung in § 175 Abs. 2 Satz 2 AO bei Abgabe der Steuererklärung Anfang 2006 bekannt gewesen sei. Darüber hinaus sei das Unionsrecht auch deshalb nicht betroffen, da es sich um einen reinen Inlandssachverhalt handele. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.08.2013 zum Urteil 13 K 4515/10 vom 18.07.2013