Zum Beginn einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vor Ablauf von sieben Monaten

Der Kläger begehrte für eine ihm gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung die Vorverlegung des Rentenbeginns auf den Monat der Antragstellung und die Gewährung auf Dauer. Er bezog bis zum 30.09.2016 befristet Arbeitslosengeld. Auf seinen am 29.09.2016 gestellten Rentenantrag hin ließ die Beklagte ihn sozialmedizinisch begutachten. Dabei stellte sich wegen einer Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und gehemmt aggressiven Zügen ein unter dreistündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei bestehender Besserungsaussicht und einem Leistungsfall zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung heraus. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.01.2017 ab dem 01.04.2017 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger nach erfolglosem Widerspruch sein Begehren weiter.

Die 2. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Nach der Sondervorschrift des § 101 Abs. 1 SGB VI würden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet, sofern keine Rückausnahme nach dem mit Wirkung zum 14.12.2016 eingeführten § 101 Abs. 1a SGB VI vorliege. Da sich im Fall des Klägers ein vor dem Monat der Antragstellung liegender Leistungsfall nicht nachweisen lasse und wegen gegebener Besserungsaussicht auch keine unbefristete Rente zu gewähren sei, komme ein früherer Rentenbeginn nur in Betracht, wenn § 101 Abs. 1a SGB VI Anwendung finde. Danach komme eine Rentengewährung auch vor dem siebten Monat in Betracht, wenn die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung zur Folge habe, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfalle. § 101 Abs. 1a SGB VI solle nach der Gesetzesbegründung eine Sicherungslücke schließen. Erhalte jemand Arbeitslosengeld nach der Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III, werde die objektive Verfügbarkeit als Voraussetzung des Arbeitslosengeldanspruchs fingiert. Diese Fiktion entfalle jedoch, wenn der Rentenversicherungsträger eine verminderte Erwerbsfähigkeit feststelle und dies der Bundesagentur für Arbeit mitteile. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit würden jedoch in der Regel nur auf Zeit geleistet und setzten deshalb nicht vor Beginn des siebten Monats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit ein. Somit entstünden Anspruchslücken, wenn die Feststellung der Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger besonders schnell, nämlich deutlich vor Ablauf von sieben Monaten nach Eintritt des Leistungsfalls erfolge. Wenn aber eine durch zügige Bearbeitung eintretende Benachteiligung vermieden werden solle, müsse nach Sinn und Zweck der Vorschrift gerade die Feststellung der Erwerbsminderung zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld geführt haben. Ende der Anspruch auf Arbeitslosengeld wie vorliegend unabhängig von der Rentenfeststellung durch Ablauf der Befristung, finde § 101 Abs. 1a SGB VI keine Anwendung.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: SG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 14.05.2019 zum Urteil S 11 R 746/18 vom 06.12.2018 (rkr)